MANN, FRAU ODER VON JEDEM ETWAS?: WAS VOM ANDEREN GESCHLECHT MITUNTER IN UNS STECKT

Suchen Männer nach ihren „weiblichen Anteilen“, dann ist das in der Regel im psychologischen Sinne gemeint. Aber in dem einen oder anderen Macho könnte tatsächlich ein Stück Frau schlummern.

Der Vorname des Erbonkels, Sascha, sorgt im deutschen Sprachraum mitunter für Verwirrung. Nicht, weil der Kosename für Alexander aus Russland stammt. Sondern wegen der hierzulande nicht jedem präsenten männlichen Zuordnung. Zu Kindeszeiten war das ärgerlich, wenn etwa der neue Vertretungslehrer die Namensliste las und „die Sascha“ mit den Mädchen zum Schwebebalken statt zum Barren schickte. Aber der Name hatte auch sein Positives, etwa wenn man beim Wettrennen am Ende des Kinder-Skikurses in Österreich den ersten Platz erreichte – vor Janine und Silke.

Aber wer weiß, vielleicht lagen diejenigen, die sich vom zweideutigen Namen irreführen ließen, gar nicht gänzlich falsch? Zwar hat der Erbonkel während des Biologiestudiums seine eigenen 46 Chromosomen angesehen und in seinen Zellen eindeutig das männlich determinierende Y-Chromosom identifizieren können. Doch diese Chromosomen stammten nur aus den weißen Blutkörperchen. Es ist nicht unmöglich, dass anderswo im Körper Zellen mit zwei X-Chromosomen stecken. Denn spätestens seit 1962 ist bekannt, dass es Chimären gibt, Menschen, die sich aus männlichen und weiblichen Zellen zusammensetzen.

Chimären entstehen im Frühstadium der Embryonalentwicklung, etwa indem Zwillinge verschmelzen, ein männlicher (XY) mit einem weiblichen (XX). Diese Menschen tragen also ständig etwas von einem Geschwisterchen mit sich. Bei manchen ist das erkennbar, etwa an einem braunen Auge links und einem blauen Auge rechts oder auch Fortpflanzungsorganen beiderlei Geschlechts. Mitunter ist den Menschen aber gar nichts davon anzusehen.

Der Bruder ist die Mutter

So erfuhr etwa eine 52-jährige Mutter aus Liverpool erst aufgrund einer Untersuchung ihres Gewebetyps für eine Nierentransplantation, dass sie nicht die biologische Mutter von zwei ihrer drei Söhne sein konnte. Als die Ärzte mehr Gewebeproben von ihr nahmen, stellten sie fest, dass ihr Körper teilweise aus Zellen ihres Zwillingsbruders bestand. Die Eizellen, aus denen sich die zwei Söhne entwickelt hatten, stammten von seiner Zelllinie ab.

Sicher, solche Fälle sind selten. Wie selten genau ist allerdings nicht bekannt – normalerweise schaut ja niemand nach. Jede und jeder da draußen könnte also ein paar Zellen vom anderen Geschlecht herumtragen. Der Erbonkel findet den Gedanken jedenfalls recht amüsant, dass selbst der am männlichsten mimende Macho womöglich an der einen oder anderen Stelle seines Körpers aus ganz und gar weiblichen Zellen bestehen könnte.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

2024-04-19T12:44:00Z dg43tfdfdgfd