Wie werden wir in der Zukunft im ländlichen Raum wohnen? Zu diesem Thema mit all seinen vielen Facetten referierte auf Einladung der Freien Wählergemeinschaft Bockhorn ein Fachmann im Gasthaus Prostmeier, der Münchner Diplomingenieur und Architekt Otto Kurz.
Riedersheim – Er kennt nicht nur die Problematik einer verträglichen Nachverdichtung, er ist als Berater von Kommunen auch häufig im Landkreis unterwegs, bringt seine Erfahrungen als Stadt- und Gemeindeplaner ein.
Vor rund 50 Gästen stellte er unter dem Thema „Unser Dorf soll schöner bleiben“ zunächst die Frage, ob ein Neubaugebiet mit Einfamilienhäusern, der Klassiker herkömmlicher Wohnformen wie etwa im neu geplanten Gebiet Kirchasch-Mitte, überhaupt noch zeitgemäß sei. Hier stelle sich doch angesichts hoher Boden- und Baupreise sowie der Diskussion um Flächenverbrauch die Frage nach der Sinnhaftigkeit.
Sicher gebe es aber derzeit wieder eine Stadtflucht, „einen Zuzug auf dem Land entlang eines finanziellen Gradienten“, und er rechnete für den Landkreis Erding einen fünfstelligen Zuzug in den nächsten Jahren vor. Kurz sprach auch über diverse Wohnformen: über Erstwohnungen für junge Leute, über Flexibilität der Wohnform aufgrund beruflich bedingter Wechsel. Erst später, in der Familien-/Kinderphase, sei das klassische Einfamilienhaus dann die adäquate Wohnform.
Im Alter jedoch würden diese Häuser ihren Bewohnern zu groß und damit zunehmend zur Belastung. Daher empfiehlt Kurz eine Wohnform, die im Gegensatz zu diesen „monostrukturellen Einheiten“ steht: Es sei vielmehr zu überlegen, wie die Kategorien Wohnraum-Größen, Geschosswohnungsbau, Miete oder Kauf sowie verschiedene Altersgruppen in ein sinnvolles und zukunftsfähiges Ganzes zu bringen sind. Auch sprach er sich für Wohnungstausch aus zwischen Familien, die ein Einfamilienhaus suchen, und älteren Bürgern, die sich räumlich verkleinern wollen.
Dazu gab es Diskussionen, inwiefern überhaupt Wohnungen diesen umzugswilligen Senioren angeboten werden könnten. Bürgermeister Lorenz Angermaier hatte hierzu aus einer gemeindeinternen Auswertung Zahlen, wonach bei neu gebauten Mehrfamilien-Miethäusern vorwiegend Ortsfremde einziehen würden.
Kurz gab alternativ dazu ein Beispiel aus Weyarn: Dort wurde ein ganzer Ortsteil zusammen mit den späteren Bewohnern geschaffen, der Mehrgenerationenhäuser ebenso umfasst wie Nahversorgung und ein schlüssiges Verkehrskonzept. „Auch die Räume zwischen Häusern sind wichtig und zu beachten“, so Otto, „etwa für Verweilmöglichkeiten oder zum gemeinsamen Gärtnern“.
Was eine verträgliche Nachverdichtung in Dörfern angeht, sieht der Experte oftmals Probleme, denn die Vorstellungen von Bauwerbern und Gemeinde müssten sich hier ergänzen, in Größe und Optik. Ansonsten blieben einer Gemeindeverwaltung nur die kommunalen Werkzeuge Veränderungssperre und Bebauungsplan.
In jedem Fall, so seine Empfehlung, sei bei größeren Umgriffen ein neuer Plan notwendig, auch wenn dafür ein finanzieller und planerischer Einsatz erforderlich werde.
In der regen Diskussion kam vor allem das Thema der Bezahlbarkeit auf. Hier meinte Experte Kurz, dass der Mehrwert nicht allein in Geld zu messen sei, sondern vielmehr in besserer Nachbarschaft, in einer engagierten Bevölkerung, in positiven Auswirkungen auf die Ortsgemeinschaft, wie in Studien bereits nachgewiesen worden sei. Und den Gemeinderäten empfahl er ein „gewisses Durchhaltevermögen“, zudem gebe es für sie auch spezielle Seminare zu diesem Thema.
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